Wie erkennt man Rheuma bei Kindern?
Entzündungszeichen

Ein wichtiges Anzeichen für eine rheumatische Erkrankung ist die Arthritis, die bei den meisten kindlichen Rheumaformen auftritt. Die Gelenkentzündung führt zu einer vermehrten Durchblutung und zu einem Anschwellen der Gelenkinnenhaut, welche außerdem vermehrt Gelenkflüssigkeit, den sogenannten Gelenkerguss, produziert. Das Gelenk schwillt dann auch äußerlich sichtbar an und ist meist überwärmt. Gleichzeitig treten Schmerzen auf und es kommt fast immer zu einer Einschränkung der Funktion, also der Beweglichkeit und Gebrauchsfähigkeit von betroffenen Händen und Füßen bzw. Armen und Beinen oder der Wirbelsäule.
Je nach betroffenen Gelenken hinkt das betroffene Kind oder hat Schwierigkeiten beim Greifen bzw. Schreiben. Diese Beschwerden sind zumeist morgens besonders deutlich ausgeprägt (sog. „Morgensteife“).
Neben der Arthritis kann es auch zu entzündlichen Reaktionen an den Sehnenscheiden kommen. Betroffen sind häufig die Beugesehnen in der Hohlhand oder auch die Strecksehnen über dem Handrücken. Im Fußbereich liegen die Sehnenscheidenentzündungen besonders hinter dem Innen- und Außenknöchel. Die Sehnenscheidenentzündung (medizinisch ‚Tenosynovitis’), kann vor allem an den Hohlhandbeugesehnen zu Verklebungen der Sehnen im Sehnenfach führen. Dies schränkt die Greiffunktion der Hand erheblich ein, weshalb durch eine frühzeitige intensive Physiotherapie die Beweglichkeit der Sehnen erhalten werden muss. Darüber hinaus kann es auch zur Ansammlung von Flüssigkeit in gelenknahen Schleimbeuteln kommen. Diese sogenannten Synovialzysten entstehen vor allem in der Kniekehle und heißen dann „Bakerzysten“. Man findet sie aber auch ausgehend vom Schultergelenk am Oberarm, seltener an anderen Stellen.
Gelenkschmerzen
Gelenkschmerzen werden vor allem von kleinen Kindern nicht immer als solche geäußert. Kinder klagen insgesamt weniger über Schmerzen als Erwachsene. Man muss bei ihnen deshalb unbedingt die indirekten Schmerzäußerungen beachten, um die rheumatische Erkrankung im Frühstadium zu erkennen. So beobachten aufmerksame Eltern bei ihren Kindern etwa eine abnorme Haltung der erkrankten Gelenke. Mit diesen Schonhaltungen versuchen die Kinder, das Gelenk in eine schmerzarme Stellung zu bringen. Sie bewegen und belasten das erkrankte Gelenk weniger und führen Ausweichbewegungen durch. Je nachdem, welche Gelenke erkrankt sind, fällt auf, dass die Kinder hinken, anders greifen und Schwierigkeiten beim Essen, Schreiben, Anziehen oder anderen Alltagsbewegungen entwickeln. Sie wirken ungeschickt, wollen weniger laufen und viel getragen werden oder schlafen unruhiger als sonst. Oft werden diese ersten Krankheitszeichen nicht erkannt, die Kinder manchmal als faul oder ungezogen hingestellt. Am besten kann man beim rheumakranken Kind erkennen, welche Gelenke betroffen sind, wenn man in einer entspannten Situation alle Gelenke nacheinander vorsichtig durchbewegt. Dabei muss man das Kind sorgfältig beobachten. Beim Bewegen erkrankter Gelenke treten Abwehrreaktionen auf, oder das Kind verzieht das Gesicht. Es verblüfft uns immer wieder, dass trotz der offensichtlichen Schmerzreaktionen Kinder auf Befragen angeben, dass sie keine Schmerzen verspüren.
Diagnosestellung
Die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung und ihre Zuordnung in eine der verschiedenen Erkrankungsgruppen kann auch für Kinderärzt*innen schwierig sein. Viele der Erkrankungen sind sehr selten und es gibt für kaum eine rheumatische Erkrankung des Kindesalters beweisende Einzelbefunde. Außerdem kennen wir eine große Zahl anderer Erkrankungen, die mit Gelenkbeschwerden einhergehen können und manchmal von einer rheumatischen Erkrankung nur schwer abgegrenzt werden können. Alle diese Krankheiten müssen bedacht und soweit wie möglich ausgeschlossen werden, bevor wir die Diagnose Rheuma stellen können. Eine sorgfältige Befragung der Eltern nach dem Beginn der Beschwerden und nach etwaigen Vorerkrankungen, sowie eine gründliche Untersuchung des Kindes durch rheumatologisch ausgebildete Kinderärzt*innen sind für die Diagnosestellung sehr wichtig. Vor allem für die akuten Formen ist es wichtig, Vorerkrankungen der letzten Wochen zu erfassen. Auch Erkrankungen der Umgebung können uns wichtige Hinweise liefern, beispielsweise das Auftreten von Röteln oder Ringelröteln im Kindergarten oder in der Schule. Wir können dann gezielt nach dem Erreger suchen, z.B. durch Rachenabstrich bei Halsinfektionen oder durch Stuhlproben bei Durchfällen. Außerdem führen die meisten Infektionen zur Bildung von Antikörpern gegen die Erreger, welche man dann im Blutserum nachweisen kann. Diese Laborwerte können wichtige Hinweise geben, ergänzen oder bestätigen meist jedoch nur die klinischen Befunde. Laborwerte alleine ermöglichen jedoch meist keine eindeutige Diagnose. Die bildgebende Diagnostik durch Röntgenbilder, Kernspintomographie und Sonographie sind wichtige Bausteine der Diagnostik. Die Interpretation der Bilder erfordert jedoch besondere Erfahrung in den Befunden entzündlicher Erkrankungen am kindlichen Skelettsystem.
Eine frühe Diagnosestellung ist entscheidend für den zügigen Beginn einer Therapie. Daher sollten bei dem Verdacht einer kindlichen rheumatischen Erkrankung unbedingt Kinderrheumatolog*innen aufgesucht werden.

Prof. Dr. Johannes-Peter Haas
Ärztlicher Direktor, Geschäftsführer
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