Ärztlicher Dienst
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
Diese Medikamente wirken schmerzlindern, entzündungshemmend und fiebersenkend. Sie werden eingesetzt, um die Symptome der rheumatischen Erkrankung zu behandeln. Zu dieser Medikamentengruppe gehören z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen und Indomethacin. Die sog. COX II-Hemmer wie Celebrex, Arcoxia und andere sind für Kinder nicht zugelassen und sollten deshalb nur in Ausnahmefällen angewandt werden. Als unerwünschte Wirkungen der NSAR muss man vor allem auf Beschwerden im Magendarmbereich achten (Übelkeit, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Durchfall oder Verstopfung) sowie auf Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen. Selten kommt es auch zu Verhaltensänderungen wie Depressivität oder Aggressivität.
Basismedikamente
Wenn die rheumatische Entzündung durch NSAR nicht zur Ruhe gebracht werden kann, sind sogenannte Basismedikamente erforderlich (englisch: disease modyfying antirheumatic drugs – DMARD). Die klassischen DMARD werden heute als cDMARD bezeichnet. Sie wirken regulierend auf das Immunsystem, welches ursächlich für die Entstehung der rheumatischen Erkrankung verantwortlich ist. Basismedikamente benötigen Wochen oder gar Monate bis ihre Wirkung zum Tragen kommt.
Methotrexat gilt als Standardtherapie in der Kinderrheumatologie und wird seit über 30 Jahren erfolgreich eingesetzt. Andere cDMARDs können bei Unverträglichkeit oder fehlender Wirkung von Methotrexat eingesetzt werden. Auch bei bestimmten Kollagenosen und Vaskulitiden haben einige cDMARDs eine besonders gute Wirkung. Gegebenenfalls können cDMARDs auch miteinander kombiniert werden.
cDMARD: Antimalariamittel Chloroquin (Resochin) bzw. Hydroxychloroquin (Quensyl), Sulfasalazin (Azulfidine) Methotrexat (MTX), Azathioprin (Imurek), Ciclosporin A (Sandimmun, Immunosporin), Leflunomid (Arava) und Mycophenolsäure (CellCept, Myfortic). Zu den cDMARDs wird auch eine neue Gruppe von Medikamenten gerechnet, die intrazelluläre Signalwege des Immunsystems blockieren (sog. „small-molecules“, z.B. Tofazitinib). Der Einsatz von cDMARDs bei Kindern erfordert besondere Erfahrung, um unerwünschte Arzneimittelwirkungen rechtzeitig zu erkennen.
Biologika
Man bezeichnet diese Medikamentengruppe auch als bDMARD. Es handelt sich um neu entwickelte Therapeutika, die sich gezielt gegen körpereigene Signalstoffe oder Signalübertragungsstrukturen des Immunsystems richten und so Vorgänge beeinflussen, welche ursächlich an der rheumatischen Erkrankung beteiligt sind. Biologika sind komplexe Eiweismoleküle, häufig Antikörper, die von gentechnisch veränderten Zellen, d.h. biologisch hergestellt werden. Die Herstellung ist sehr aufwändig, weshalb die Präparate zumeist sehr teuer sind. Auch hier kommen jedoch mittlerweile mit den Orginalpräparaten weitgehend identische Nachbauten (sog. „Biosimilars“) zum Einsatz. Diese sind häufig deutlich kostengünstiger. Die wichtigsten bDMARDs sind: die TNFalpha-Blocker Etanercept (Enbrel®), Adalimumab (Humira®), Golimumab (Simponi) und Infliximab (Remicade®). Etanercept Golimumab und Adalimumab sind zugelassen für Kinder mit JIA, Adalimumab auch für die Behandlung einer Uveitis. Wenn die Therapie mit einem TNFalpha- Blocker nicht ausreichend wirkt können Abatacept (Orencia®) oder Tocilizumab (RoActemra ®) eingesetzt werden.
Bei systemischen Verläufen mit Fieber, Hautausschlag und Organbeteiligung erwiesen sich die Interleukin 1- Antagonisten Anakinra (Kineret®) und Canakinumab (Ilaris®) oder auch der Interleukin 6- Antagonist Tocilizumab (RoActemra ®) als wirksam. Weitere Biologika (z.B. Secukinumab, Ustekinumab) sind teilweise bereits auf dem Markt bzw. in den nächsten Jahren zu erwarten. Die Zulassungen dieser Therapien für Kinder mit Arthritis sind abhängig von größeren internationalen Studien. Bei (noch) nicht zugelassenen Medikamenten muss ein Antrag an die Krankenkasse für die Kostenübernahme gestellt werden. Dies übernimmt bei Einstellungen in unserem Haus der behandelnde Arzt. Bei den Biologika, mit jährlichen Behandlungskosten von 20 000 Euro und mehr ist dieses Verfahren besonders wichtig. Die meisten Biologika sind insgesamt gut verträglich jedoch können eine erhöhte Infektanfälligkeit, Blutbild und Leberwertveränderungen auftreten. Auch fehlen bei vielen Biologika bislang Langzeitdaten zur Medikamentensicherheit. Eine sorgfältige Indikationsstellung und genaue Überwachung der Therapie ist deshalb dringend erforderlich.
Kortisonpräparate
Kortison ist ein stark entzündungshemmendes Medikament mit Sofortwirkung. Es kann deshalb für Notfälle eingesetzt werden wie starke Gelenkschmerzen, schwere Augenentzündung oder bedrohliche Herzbeteiligung. Bei Anwendung von höheren Dosen (> 0,2mg/kg Körpergewicht Prednison täglich) über Wochen, Monate oder gar Jahre entstehen schwerste Nebenwirkungen wie Kleinwuchs, Veränderung der Körperproportionen (Cushing), Osteoporose, Bluthochdruck und viele andere. Kortison sollte deshalb bei rheumakranken Kindern nur kurzfristig eingesetzt werden bzw. bevorzugt lokal an Gelenken oder Augen zur Anwendung kommen.
Lokale Kortisoninjektionen
Wenn nur wenige Gelenke betroffen sind, oder bei Polyarthritis einzelne Gelenke im Vordergrund stehen, können intraartikuläre Injektionen mit Kortison rasche Besserung bringen. Auch entzündete Sehnenscheiden oder Sehnenansätze können injiziert werden. Die Kinder müssen für den Eingriff ausreichend sediert werden. Wichtig ist eine konsequente Nachbehandlung mit Entlastung des injizierten Gelenkes für 3 Tage, Teilbelastung für 2 bis 4 Wochen und anfangs tägliche Krankengymnastik, bis zum Erreichen einer freien Gelenkfunktion.
Medikamentöse Therapie der Iridozyklitis
Die Ersttherapie erfolgt mit kortisonhaltigen Augentropfen bzw. –salben. Besteht die Gefahr einer Verklebung (Synechierung) muss außerdem die Pupille mit Augentropfen weitgestellt werden. Sind bereits Synechien eingetreten, können diese in den ersten Tagen und Wochen oft noch gelöst werden durch hochdosierte systemische Kortisongaben und/ oder eine lokale Sprengkur.
Wenn die Iridozyklitis durch lokale Therapie nicht ausreichend beherrscht werden kann, ist der Einsatz von cDMARDs wie MTX angezeigt. Bei sehr schweren Fällen können Biologika wie Adalimumab (Humira®) eingesetzt werden.

Prof. Dr. Johannes-Peter Haas
Ärztlicher Direktor, Geschäftsführer
Lebenslauf herunterladen
- Telefon: 08821 701 1101
- Fax: 08821 701 9102
- E-Mail: haas.johannes-peterrheuma-kinderklinikde