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Behandlung Schmerzerkrankungen

Behandelt werden Kinder und Jugendliche, die seit längerem Schmerzen haben (wie z.B. Muskel- und Gelenkschmerzen am Bewegungsapparat, chronische Kopf- oder Bauchschmerzen) und dadurch belastet und/oder in ihrem Alltag eingeschränkt sind. Sollte neben den Schmerzen eine ausgeprägte Fatigue vorhanden sein, wird das Therapiekonzept diesbezüglich ausgerichtet.
Die Behandlungsdauer beträgt üblicherweise 3-4 Wochen und wird bei Bedarf und nach Absprache angepasst.

Unseren Kindern und Jugendlichen mit Schmerzerkrankungen widmet sich ein erfahrenes interdisziplinäres Team aus Ärzt*innen, Psycholog*innen, Physio- und Ergotherapeut*innen, Masseur*innen, spezialisierten Pflegefachkräften, Sozialpädagog*innen, pädagogischen Fachkräften und Lehrer*innen. Zum individuellen Schmerztherapie-Konzept gehören Gespräche und Schulungen mit den jungen Patient*innen und der Familie, physikalische Therapie, kreatives Gestalten, Entspannungsübungen, aber auch gemeinsame Unternehmungen und sportliche Erlebnisse. Die verschiedenen Bausteine sind u.a. darauf ausgerichtet, Strategien zur Bewältigung der Schmerzen zu erarbeiten und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Gemeinsam gilt es, die Bereiche zu entdecken, in denen die Kinder und Jugendlichen Lebensfreude, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl erfahren.

Hier finden Sie den Film über das Zentrum für Schmerztherapie junger Menschen

Jugendliche, die bereits bei einem Voraufenthalt im Einzelsetting bei uns waren und eine erneute Therapie benötigen, nehmen üblicherweise an unserem „Refresher“ Gruppenkonzept teil. Neben Einzeltherapien findet die Mehrheit der Angebote in einer geschlossenen Gruppe von ca. 8 Jugendlichen statt. Ziele sind vor allem ein Erfahrungsaustausch zum Thema Schmerzbewältigung, gegenseitiges Unterstützen, zwischenmenschliches Lernen in gruppendynamischen Prozessen und Selbsterfahrung. Individuelle Umgangsmöglichkeiten mit den Schmerzen sollen erweitert werden.

Was ist der Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen und einer Schmerzstörung? 

Akute Schmerzen werden durch innere oder äußere Schädigungen im Körper, wie z.B. Verletzungen oder Entzündungen, ausgelöst. Sie haben eine wichtige Warn- und Schutzfunktion und klingen mit Ausheilen der Schädigung ab.
Chronische Schmerzen bestehen über einen längeren Zeitraum hinweg (bei Kindern und Jugendlichen mehr als 3 Monate). Sie können entweder körperlich bedingt sein, z.B. durch eine anhaltende Entzündung, oder bestehen, ohne dass ein körperlicher Auslöser die Dauer und Intensität erklärt. Hier spricht man von einer Schmerzstörung, also einer Störung im Schmerzverarbeitungssystem. 
Da sich die Begrifflichkeiten über die Zeit geändert haben und in Zukunft weitere Änderungen geplant sind, wird auch häufig der Oberbegriff „Schmerzerkrankung“ bzw. „chronische Schmerzerkrankung“ verwendet, um jede (Unter-)Form anhaltender Schmerzen einzubeziehen.

Wo können Schmerzerkrankungen auftreten?

Es gibt auf einen Bereich beschränkte oder „generalisierte“ chronische Schmerzen, das heißt solche, die mehrere Teile des Körpers (Gelenke, Rücken, Bauch, Kopf) betreffen können. Vor allem bei Schmerzstörungen kommen weitere Symptome wie Schlafstörungen, Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen hinzu. Sie führen für gewöhnlich zu einer deutlichen Alltagsbeeinträchtigung (Schule, Hobbys, soziale Kontakte,…) und bringen auch emotionale Probleme (Stress, Ängste, Stimmungsschwankungen oder –einbrüche) mit sich.  
Eine spezielle Form der Schmerzerkrankung ist das „komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS)“, bei dem es zu massiven Schmerzen und sicht- und spürbaren Veränderungen (Schwellung, Kühle oder Wärme, Verfärbung, verändertes Haar- oder Nagelwachstum, Schmerzen bei Berührung, Gefühlsstörungen) im betroffenen Bereich kommt. Meist sind Hand oder Fuß betroffen. Die Diagnose wird unabhängig vom zeitlichen Kriterium gestellt.

Wie entstehen Schmerzstörungen?

Schmerzstörungen entstehen in der Regel nicht durch eine einzige Ursache, sondern durch ein ungünstiges Zusammenspiel vielfältiger Faktoren. Körperliche und psychische Schmerzerfahrungen tragen zur Entstehung und Aufrechterhaltung bei. Dazu gehören u.a. Dauer, Stärke, Bedeutsamkeit, Gedanken, Gefühle, Verhalten und körperliche Reaktionen. Belastende Lebensereignisse oder Lebensbedingungen können die Entstehung einer Schmerzstörung ebenfalls begünstigen.

Wie ist die Prognose bei Schmerzstörungen?

Bei Schmerzstörungen handelt es sich um eine „Funktionsstörung“ im Schmerzsystem, die auch wieder behoben werden kann. Bei Kindern und Jugendlichen, deren Schmerzsystem noch in der Entwicklung ist, ist die Chance, die „Störung“ wieder zu beheben, meist deutlich besser als bei Erwachsenen.

Wie ist der typische Behandlungsverlauf bei einer Schmerzstörung?

Leider gibt es keinen „Schalter“ (also kein Medikament oder eine einzelne Therapie) mit der man die Schmerzstörung einfach „abschalten“ kann. Aber mit Hilfe einer „interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie“ (Zusammenspiel und Abstimmung mehrerer Therapien aus verschiedenen Bereichen) ist es möglich, die Funktionsstörung im Schmerzsystem wieder zu beheben. Erfahrungsgemäß benötigt dies etwas Zeit. Ob, wie schnell, wie gut und anhaltend das gelingt, hängt von vielen verschiedenen individuellen Faktoren ab (Dauer und Ausmaß der Beschwerden, weitere somatische oder psychische Erkrankungen, Persönlichkeit, äußere Umstände, Therapiemotivation…).

Sind die Schmerzen bei einer Schmerzstörung „echt“?

Ja, die Schmerzen sind echt und nicht „eingebildet“!
Schmerzen werden empfunden, wenn schmerzverarbeitende Regionen im Gehirn aktiv sind. Bei einer Schmerzstörung haben sich Schmerzimpulse verselbständigt und die Schmerzhemmung in Gehirn und Rückenmark ist vermindert. Auch wenn der ursprüngliche Auslöser in Form einer Entzündung, Verletzung oder ähnlichem nicht (mehr) bzw. nicht ausreichend vorhanden ist und bei Untersuchungen in dem schmerzhaften Bereich alles in Ordnung ist, bestehen Schmerzen. 

Wie werden chronische Schmerzen und Schmerzstörungen behandelt?

Schmerzen betreffen immer den ganzen Menschen. Typische Reaktionen auf Schmerzen sind z.B. Schonverhalten, hohe Muskelanspannung, Stressreaktion (Alarm) des Körpers usw.. Insbesondere bei lang anhaltenden, chronischen Schmerzen kann dies viele Folgeprobleme auslösen (verminderte Belastbarkeit und Muskelabbau, Überlastung anderer Strukturen, Verspannungen, noch mehr Stress, Schlafstörungen, schlechte Stimmung, Sorgen…).
In der Therapie von chronischen Schmerzen und Schmerzstörungen ist es deshalb wichtig, all diese Aspekte zu berücksichtigen. Dies geschieht im Rahmen einer interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie (Zusammenspiel und Abstimmung mehrerer Therapien aus verschiedenen Bereichen). Dabei müssen  individuelle Beschwerden und Umstände aller Patient*innen berücksichtigt werden. Entscheidend ist, dass sich die Patient*innen nicht einfach „behandeln“ lassen, sondern aktiv mithelfen, geeignete Strategien und Maßnahmen zu finden, um diese auch zu Hause im Alltag selbständig anzuwenden und die Schmerzen nachhaltig zu beeinflussen.

Helfen Medikamente bei Schmerzstörungen?

Bei Schmerzstörungen helfen Medikamente meistens nicht / nicht mehr oder nicht nachhaltig.

Was kann ich als Betroffene/r bei chronischen Schmerzen tun?

Da verschiedene Faktoren zur Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen beitragen, ist  der Behandlungsschwerpunkt bei jedem Kind/Jugendlichen anders gelagert. Im Alltag sollte auf eine ausgewogene Balance zwischen Aktivierung und Erholung geachtet werden. Sowohl zu viel als auch zu wenig Aktivität  können sich ungünstig auf chronische Schmerzen auswirken. Zudem muss gesichert werden, ob die chronischen Schmerzen aufgrund einer körperlichen Ursache bestehen bleiben oder ob es sich um eine Schmerzstörung handelt. 
Da Aufmerksamkeit, Gedanken, Gefühle, Verhalten und körperliche Reaktionen Schmerzen unabhängig von ihrer Ursache direkt beeinflussen, sind folgende Fragen hilfreich:
Aufmerksamkeit: Wie kann ich mich von den Schmerzen ablenken?
Gedanken: Welche Gedanken sind hilfreich?
Stimmung, Gefühle: Was bereitet mir Freude? / Wie kann ich mit Stress umgehen?
Verhalten: Welche Verhaltensweisen / Strategien helfen mir?
Körper: Wie kann ich belastbarer werden? Wie entspanne ich mich?

Was sollten wir als Eltern beachten?

Für Eltern ist zunächst wichtig, dass sie die Schmerzen ihres Kindes ernst nehmen. Sie sollten ihr Kind dabei unterstützen, einen möglichst normalen Alltag zu führen und altersentsprechende Selbständigkeit zu behalten / erlangen. Vermehrte Zuwendung aufgrund von Schmerzen sollte ebenso vermieden werden wie das Abnehmen lästiger Pflichten. Hilfreich ist, möglichst wenig nach Schmerzen zu fragen, da Fragen die Aufmerksamkeit auf Schmerzen lenken und diese immer wieder verstärken.  

Hilft eine Schmerztherapie beim Chronischen Fatigue-Syndrom?

Die Kriterien für chronische Schmerzen, Schmerzstörungen und Myalgische Encephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) sind häufig überlappend. Schmerzen, Erschöpfung, Schwindel oder Kreislaufprobleme können bei beiden Erkrankungen auftreten. Erschöpfung und schnelle Erschöpfbarkeit sind beim ME/CFS deutlich ausgeprägter, hier ist im Gegensatz zu einer Schmerzstörung eine körperliche Aktivierung meist erst einmal nicht hilfreich.
In unserer Klinik behandeln wir zu festgelegten Zeiträumen auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit ME/CFS. Die Tagesstruktur ist auf das hohe Erholungsbedürfnis ausgerichtet und es wird verstärkt auf Faktoren wie Licht- und Lärmempfindlichkeit geachtet. Ziel ist es, sowohl die Schmerzen zu reduzieren als auch Strategien zur Verbesserung des Energiehaushaltes zu vermitteln.