1. Was bedeutet Krankheitsbewältigung?
Krankheitsbewältigung beschreibt das Bemühen, mit den Veränderungen und Einschränkungen, die eine Erkrankung mit sich bringt, zurecht zu kommen. Die Auseinandersetzung mit einer chronischen Erkrankung wie Rheuma ist prozesshaft und ein sehr individuelles Geschehen, für das es leider kein Patentrezept gibt. Es gilt seinen persönlichen Weg zu finden.
2. Was sind Herausforderungen auf psychologischer Ebene, die eine chronische Erkrankung wie Rheuma mit sich bringen kann?
Jugendlicher sein, ist schwer genug. Es gibt altersgemäße Entwicklungsaufgaben zu bewältigen, z.B.
- Selbständigkeit entwickeln, Ablösen von Eltern
- Eigene Identität entwickeln (Persönlichkeit: wer bin ich? Was macht mich aus? Wodurch unterschiede ich mich von anderen? Was macht mich Besonders?)
- Eigene Werte aufbauen (Was ist mir wichtig im Leben?)
- Eigene Zukunftsperspektive entwickeln (Was will ich mal werden?)
- Mit dem eigenen Körper zurechtkommen
- Freundschaften aufbauen
Rheuma bedeutet für einen jungen Menschen immer eine Herausforderung, die zu der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben hinzukommt oder deren Bewältigung erschweren kann.
Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wie Rheuma kann mit vielen Veränderungen und Einschränkungen einhergehen. Die regelmäßige Medikamenteneinnahme kann mit Nebenwirkungen oder Ängsten verbunden sein, zudem gilt es auch mit Schmerzen, Einschränkungen (Aufgabe von Hobbies etc.) und schulischen Herausforderungen umgehen zu lernen. Diese Aspekte können Auswirkungen auf den Selbstwert und die Stimmung haben, womit es ebenfalls gilt, einen Umgang zu finden.
3. Wie kann eine günstige Krankheitsbewältigung aussehen?
Als besonders wichtig, hat sich eine aktive Herangehensweise dargestellt. Diese kann sich folgendermaßen zeigen:
- In Kontakt mit anderen bleiben und sich nicht zurückzuziehen
- Aneignung von Wissen über die Erkrankung und Behandlung, um Sicherheit zu gewinnen und Situationen und Beschwerden besser einordnen zu können
- Benutzung von Hilfsmitteln, die den Umgang mit der Erkrankung und Schmerzen erleichtern
- Unterstützung aufzusuchen im Bedarfsfall
- Konzentration und Fokus auf die Dinge, die trotz der Erkrankung möglich sind
4. Was sind Hinweise auf Schwierigkeiten in der Krankheitsbewältigung?
Da die Krankheitsbewältigung etwas sehr individuelles und prozesshaftes ist, kann man nicht per se sagen, dass bestimmte Strategien und Herangehensweisen falsch seien. Phasen, in denen es den betroffenen Kindern und Jugendlichen nicht gut geht, sind verständlich und in Ordnung. Zeit, die Veränderungen und Einschränkungen zu verarbeiten, sollte jedem zugestanden werden. Hinweise auf eine Belastung sind, wenn sich Kinder und Jugendliche auch nach längerer Zeit vermehrt zurückziehen, keine Lust mehr haben die Dinge zu machen, die ihnen Freude bereiten, das Gefühl entwickeln, weniger wert zu sein, oder oft traurig und wütend sind. Ungünstig wäre es zu meinen, mithalten zu müssen, die Krankheit komplett ausblendet oder die Medikamenteneinnahme verweigert wird. Andererseits kann auch ein zu starker Fokus auf die Erkrankung und Einschränkungen verbunden mit ausgeprägten Sorgen und Ängsten, ein Hinweis auf eine Belastung sein.
5. Was tun, wenn die Krankheit eine Belastung darstellt?
Es ist ok, wenn Phasen auftreten, in denen man weniger gut mit der Erkrankung zurechtkommt. In solchen Phasen ist es hilfreich, Unterstützung bei Familie und Freunden zu suchen, über Probleme zu sprechen und Dinge zu suchen, zu finden und zu tun, die Freude und Spaß bereiten. Wenn Schmerzen eine Belastung darstellen, ist es sinnvoll Strategien zur Schmerzbewältigung aktiv in seinen Alltag einzubauen (Ablenkung, Entspannung, Lokalanwendungen etc.). Kontakt und Austausch mit anderen (gleichaltrigen) Betroffenen hat sich als positiv und hilfreich herausgestellt, um einen selbstbewussten Umgang mit der Erkrankung für sich zu finden. Es gibt auch vielerorts Selbsthilfegruppen oder Vereine. www.rheuma-liga.de/elternkreise
6. Braucht es psychologische Begleitung/Betreuung bei Rheuma?
Viele Kinder und Jugendliche finden einen persönlichen Weg, um mit der chronischen Erkrankung Rheuma selbstbewusst und gut zurechtzukommen. Durch Informationen über die Erkrankung, einem sich mit der Erkrankung vertraut machen und der Mobilisierung von Ressourcen kann weiterhin ein selbstbestimmter Weg mit großer Lebensqualität gefunden werden.
Halten jedoch Belastungen an und leiden die Stimmung und die Lebensqualität zunehmend, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe (Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen) in Anspruch zu nehmen.
7. Wie und wo bekomme ich psychologische Hilfe?
Besteht während des stationären Aufenthalts der Bedarf oder der Wunsch nach einem psychologischen Gespräch, kann über die Kontaktaufnahme mit behandelnden Ärzt*innen, ein Termin vereinbart werden. Zur heimatnahen psychologischen Begleitung und Betreuung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Psychologische Beratungsstellen/Familienberatungsstellen, wie sie es in den meisten größeren Gemeinden und Städten gibt, können meist zeitnah und kostenlos Gesprächstermine anbieten. Heimatnahe Psychotherapeut*innen (ggf. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen) finden Sie über die Internetseiten der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen des Bundeslandes.